Im Baugebiet „Obstwiese/Bergstraße“ in Wenden hat die Gemeinde jüngst den Bau und die Vermietung von vier Mehrfamilienhäusern (MFH) mit je sechs Wohneinheiten durch private Investoren ausgeschrieben.  Vorausgegangen war ein mehrheitlicher Beschluss des Bauausschusses (20.06.18) und des Gemeinderates (27.06.2018),  die ursprünglich beschlossen vier Wohneinheiten je MFH auf sechs zu erhöhen, um den Bau und die Vermarktung der Objekte für potentielle Investoren lukrativer zu machen. Die UWG-Fraktion hatte in beiden Gremien  dagegen  gestimmt

Wie der Name schon sagt: Mehrfamilienhäuser (MFH) sind dem Wortsinn nach (größere) Wohnhäuser für mehrere Familien. Dass in MFH neben Familienwohnungen auch (kleinere) Wohnungen für 1 – 2 Personen angeboten werden (können), ist selbstverständlich.

Unverständlich finden wir dagegen, dass in den „wohnungspolitischen Bewertungskriterien“  wortwörtlich nur Wohneinheiten für Ein- bzw. Zweipersonenhaushalte ausgeschrieben sind, nicht jedoch  auch  solche für Drei- und Mehrpersonenhaushalte  bzw. Familienwohnungen.

Besonders Familien mit Kindern haben  es auch auf dem hiesigen Wohnungsmarkt schwer,  eine angemessene  Wohnung zu finden, nicht nur aus finanzieller Sicht.  Ein exemplarisches (Negativ-)Beispiel ist der Wegzug einer gut situierten Familie mit zwei Kindern, weil sie in Wenden keine adäquate Wohnung fand.

Im Vorwort (Präambel) der Ausschreibung werden zwar auch  „Familien mit unterdurchschnittlichem Einkommen“ als  mögliche Zielgruppe erwähnt. Wir halten das allerdings mehr für  Rhetorik als für ein ernsthaftes Planungsziel, weil

  • erstens bedarfsgerechte Familienwohnungen (mit Entfaltungsmöglichkeiten für Kinder) nicht ausdrücklich ausgeschrieben sind  und
  • zweitens die für 1 – 2 Personen bemessenen Wohnungen für (größere) Familien  zu klein sein werden.

Was spräche eigentlich dagegen, in jedem der vier MFH  mindestens eine Eigentumswohnung in Familiengröße anzubieten? Die Erwerber kämen so in den Genuss des gerade verabschiedeten Baukindergeldes – je Kind 10 Jahre lang 1200 €.  Bei zwei Kindern gäbe es  immerhin 24000 € vom Staat „geschenkt“.

Diese Vorgehensweise wäre aus unserer Sicht  – neben dem Kinderbonus beim Kauf eines gemeindlichen Baugrundstücks – eine weitere Option der kommunalen Familienpolitik zur Förderung von Wohneigentum.

Ältere (nicht motorisierte) Menschen suchen  bezahlbare Wohnungen „unten“ im Ort, um ihre  Besorgungen bequem fußläufig erledigen zu können, und nicht „oben“ auf Bergeshöhe.  Soll sich eine  80jährige Seniorin (u.U. mit Rollator) mit ihren Einkäufen etwa die steile Bergstraße hochquälen?

Dass die CDU-Mehrheitsfraktion für den Beschlussvorschlag  „ihres“ Bürgermeister gestimmt hat, verwundert nicht. Umso mehr jedoch die  Zustimmung der SPD-Fraktion. Hatte sie doch stets zu recht bezahlbare (Sozial-)Wohnungen besonders für Familien  angemahnt.

Offensichtlich sind  auch bei MFH mit „nur“ vier Wohneinheiten bei ungedeckelter Miete auskömmliche Renditen erzielbar; entsprechende Objekte sprechen dafür.   Dass die Renditen umso höher sind, je größer die Anzahl der vermieteten Wohnungen ist, leuchtet ein. Wobei investives Gewinnstreben per se ja nichts Schlechtes ist. Jedoch sollte sich die kommunale Wohnungspolitik nicht zu stark von den  Interessen der Investoren abhängig machen.

Prüfenswert wären der Bau und die Vermarktung von Wohnungen in Eigenregie der Gemeinde. Würden dadurch die Wohnungen bedeutsam günstiger?  Jedenfalls bekäme die Gemeinde direkten Einfluss auf die Kosten, die Miethöhe und Belegung der Wohnungen. Wir werden unter anderem dieses Thema in dem vom Bürgermeister vorgeschlagenen interfraktionellen Arbeitskreis „Wohnungsbauförderung“ einbringen.